06
Okt
16

Über Kunst und Intuition: Eine Mittagspause mit Petra Becker.

Foto: Martin Noël.

Ich mag Frankfurt. Vielleicht deshalb, weil dort meine Karriere als Texter anfing. Vielleicht aber auch wegen seiner gigantisch schönen Brücken über dem Main. Brücken baut hier die Frankfurter Kunsthändlerin und -beraterin  Petra Becker – nämlich die zwischen Wirtschaft und Kunst, zwischen Unternehmern und Künstlern. Besonders spannend finde ich, wie Petra dabei ein besonderes Arbeitsinstrument einsetzt: ihre Intuition.

30 Minuten, 8 Fragen – es geht los:

 

> Was war zuerst da: Die Kunst oder die Beratung? Ich habe schon immer in der Beratung gearbeitet, zuletzt führend bei einem Medienunternehmen. Die Kunst kam als private Leidenschaft dazu.

> Du entwickelst Kunstkonzepte für Unternehmen – für Banken, Unternehmensberatungen, Rechtsanwälte oder Ärzte. Gibt es auf dem Weg dorthin „den“ typischen Moment, in dem Du die innere Welt Deines Kunden erkennst? Der Schlüsselmoment ist das Kennenlernen. Ich bin intuitiv gesteuert und spüre sehr rasch, mit wem ich es zu tun habe. Voraussetzung dafür, dass ich mich auf das Intuitive zu 100% verlassen kann, ist, dass ich vorher meine Hausaufgaben gemacht habe. Und, dass ich Wissen mit Erfahrung verknüpfe.

> Nehmen wir an, Du hast eine Idee entwickelt und möchtest sie dem Kunden vorstellen. Wie gehst Du vor? Wie eine Werbeagentur: Ich mache genau zwei Vorschläge. Nie würde ich mit einer ganzen Palette hingehen. Die finanzielle Größenordnung ist natürlich sensitiv, aber ich habe so viel Erfahrung, dass ich sie einschätzen kann.

> Wie geht es dann weiter? Ich verkaufe nicht nur Kunst, ich begleite meine Kunden bei der Frage, wie Innovationskraft gefördert werden kann. Ein ganzheitlicher Ansatz. Dazu gehört auch Team-Building, -Motivation, Marketing und PR. Ganze Sammlungen habe ich über Jahre hinweg betreut– immer im Kontext mit den Mitarbeitern. Ich weise zum Beispiel darauf hin, zu welchem Zeitpunkt die interne Kommunikation stattfinden soll. Und, dass die Mitarbeiter eingeladen werden zu dem Zeitpunkt, an dem die Kunst geliefert wird.

> Was kannst Du, was andere Kunstberater nicht können?  Ich habe einen besonderen Background: Marketing- Kommunikation mit BWL. So kann ich einerseits die Unternehmensstrukturen gut analysieren. Andererseits kann Kunst ein sensitives Projekt sein, mit dem man sich angreifbar machen kann – und hier steuere ich durch Beratung. Das kann z.B. der Fall sein, wenn Mitarbeiter nicht ins Boot geholt wurden, bevor die Unternehmensführung Kunst gekauft hat.

> Kunst polasiert also manchmal unter Mitarbeitern. Was kann Kunst eigentlich noch so alles? Mein Verständnis für Kunst steht in engem Kontext mit dem Interesse für den Menschen. Künstler sind Menschen mit seismografischen Fähigkeiten. Sie schauen über den Tellerrand. Deshalb hat mich der Umgang mit Künstlern immer schon interessiert. Sie nehmen gesellschaftspolitischen, wirtschaftliche und kulturelle Veränderungsprozesse früher wahr als andere – und ich kann sie verorten. Kunst regt mehr zum Denken an als jede Diskussion.

> Benutzt Du selbst eine Art Skizzenbuch? Ich habe Moleskines, die selbst in kleinste Taschen reinpassen – damit bei einer Abendveranstaltung oder auf der Bergwanderung keine Idee verloren geht. Neulich kamen mir auf der Autobahn Richtung Südtirol Ideen. Ich musste sofort das Auto anhalten, um alles aufzuschreiben. Ich lese das dann meist gar nicht mehr nach – im Moment des Aufschreibens speicher‘ ich die Idee als Manifestation auf der „eigenen Festplatte“ ab. Da geht dann nichts mehr verloren.

 > Welcher Künstler hängt in Deiner Küche? Martin Noël. Er arbeitet mit Linien. Seine Kunst macht mir jeden Tag bewußt, immer wieder neue Wege einzuschlagen. Aber auch, dass man offen dafür sein muss, getrennte Wege zu akzeptieren.

> Wann warst Du zum letzten Mal im Flow? Jeden Tag. Ich bin positiv und offen ausgerichtet – bei mir gibt es nichts Negatives. Für mich gibt es lediglich Herausforderungen oder Veränderungen. Und beides ist für mich immer positiv.

Liebe Petra, danke für das Gespräch!

Interessante Menschen sind Nahrung für Hirn und Herz! Und gute Gespräche empfinde ich als eine der inspirierendsten Varianten von Mittagspause. Ich freue mich schon jetzt auf alle künftigen 30-Minuten-Interviews.